Sei ein gutes mädchen


Nein, danke.

 

Fast mein gesamtes Leben habe ich genau das versucht. Gut zu sein zu allen. Bloß niemandem auf die Füße treten. Schön lächeln, obwohl ich weinen will. Ich habe versucht, eine gute Tochter zu sein, eine nette Nachbarin, eine perfekte Dienstleisterin, die gute Mutter und Ehefrau. Doch weißt du, was durch all die Versuche passiert ist? Ich habe mich und meine Bedürfnisse an letzter Stelle gestellt. Ich habe an Freunden gehangen, die genau das ausgenutzt haben. Ich hatte Zusammenbrüche, war ausgelaugt und erschöpft.


Gut zu sein bedeutet nur, dass es gut ist für die anderen, aber nicht für dich.

Letztes Jahr war für mich das Jahr meiner Transformation. Ich habe mich tief mit mir selbst verbunden. Ich lernte auf mich, auf meinen Körper und meine Intuition zu hören. Nein zu sagen, wenn ich es nicht will und meine Wut nicht als unangenehmes Gefühl war zunehmen, sondern als Zeichen, dass meine Grenze überschritten wurde.


Doch trotzdem gibt es immer noch Situationen, an denen ich lerne und wachse. Und auch Situationen, wo ich stolz auf meine Abgrenzung bin. Wo ich selbst bestimmt handle.

Setzt du deine Grenzen?


Die Frage sollte eher lauten: Kennst du deine Grenzen überhaupt? Hast du dich wirklich damit beschäftigt?

Warum es meiner Meinung nach so wichtig ist, sich genau diese Fragen zu stellen?

Weil wir als Frauen seit Jahrtausenden darauf konditioniert sind, uns an hinterster Stelle zu stellen. Unsere Bedürfnisse zu unterdrücken und das immer zum Wohle anderer. Natürlich sind wir Menschen keine Einzelgänger und es ist wunderbar, dass wir helfen können und geben können. Doch hier sollte ein Gleichgewicht herrschen.

Als Mutter von zwei Kindern, und zwei Katzen ;) ,kann ich selbst nur so weit geben, wie ich Energie und Kraft habe. Wenn ich also bereits völlig kaputt bin von der Woche und mich jemand um etwas bittet, ist es dann nicht völlig legitim, Nein zu sagen?


Ich ging aus, obwohl ich nicht wollte. Ich nahm Jobs an, obwohl es sich schlecht anfühlte. Ich sagte nichts, obwohl es mich verletzt hatte. Ich blieb länger, obwohl ich längst gehen wollte. Ich ließ alles zu, einfach um mich nicht zu streiten. Um nicht unangenehm zu sein. Das zerrte an meiner Kraft. Das ließ mich kein Vertrauen in mich selbst haben. Doch je mehr ich es zuließ meine Körper zu fühlen, desto mehr spürte ich eine Wut in mir. Und diese Wut ist für mich der beste Indikator für eine Grenzüberschreitung.

Sei nicht so Hysterisch


WIKIPEDIA: Hysterie (von altgriechisch ὑστέρα hystéra, deutsch ‚Gebärmutter‘, vermutlich beruhend auf indogermanisch ud-tero, „der hervorstehende Körperteil“; vgl. „Uterus“ ) ist die historische Bezeichnung für Störungen, die z. B. durch ein verändertes Ich-Bewusstsein oder neurologische Symptome (wie LähmungBlindheitTaubheitEpilepsie-ähnliche Anfälle) gekennzeichnet sind.


Wut ist eine Emotion. Genau wie Freude, Angst, Zufriedenheit, Trauer usw. Es ist weder positiv noch negativ. Doch bereits als Kindern wird uns unsere Wut aberkannt. Wütende Jungs sind normal, wütende Mädchen eher nicht. Die meisten von uns haben gelernt unsere Wut zu fürchten. Sie als ein unangenehmes Gefühl zu sehen. Und am aller besten diese Wut einfach zu unterdrücken. Nicht zum eigenen Wohl, sondern für die Bequemlichkeit der anderen.


Bei meinen Fotoshootings mit Frauen fühle ich manchmal die angestaute Wut bei Frauen. Diese sitzt dann oft in der Gebärmutter. Dort, wo wir oft unsere unverarbeiteten Emotionen speichern. Ich versuche, diesen Frauen etwas dieser Wut rauszulocken. Tatsächlich fällt es fast jeder schwer, sie aus sich zu lassen. Einfach nur zu schreien ist schon bereits eine Herausforderung.


Frauen, die in unserer Gesellschaft ihre Wut offen zeigen, werden auch oft als hysterisch bezeichnet. Denn Frauen sollten ihre Emotionen kontrollieren. Wilde, laut schreiende Frauen werden als unangenehm und gefährlich betrachtet. Also ist es kein Wunder, dass ich und viele andere Probleme mit ihrer Wut haben. Angst sie zu fühlen und auch nicht wissen, wie sie mit ihr umgehen können.


Meine Wut ist ein Geschenk. Sie hilft mir zu erkennen, wenn Ungleichheit herrscht. Wenn jemand über meine Grenze geht. Wenn ich mich bedroht fühle. Und ich lasse sie zu. Ich fühle sie. Verarbeite sie und dann kann ich besser mit der Situation umgehen.

gaslighting - Manipulation


Was habe ich gelernt? Nur weil du deine Grenze äußerst und jemand eine andere Sichtweise darauf hat, ist es trotzdem berechtigt. Oft versuchen andere genau das zu tun. Anstatt deine Grenze zu respektieren und sich z. B. für eine Beleidigung zu entschuldigen, reden sie deine Gefühle klein. Sie nehmen sie nicht ernst. Einfach, weil sie ihre eigenen Grenzen nicht ernst nehmen. Wenn dein ganzer Körper rebelliert und du eine Wut in dir spürst, dich nicht fair behandelt fühlst, dann ist es real und darf von keinem klein geredet werden. 


„Es ist nicht so schlimm. Du übertreibst. Es hätte auch schlimmer kommen können. Hab dich nicht so. Du bist zu emotional..." Das alles sind Sätze, die ich schon so oft gehört habe und immer an mir gezweifelt habe. DEINE EMOTIONEN SIND NICHT ZU VIEL! Du hast das Recht, sie zu fühlen.

Heilung


Du kannst niemanden ändern. Was du kannst, ist dein eigenes Verhalten zu hinterfragen und zu lernen, anders mit bestimmten Situationen umzugehen. Nimm dir das Recht, deine Grenzen zu fühlen. Sie auszusprechen. Nimm dir das Recht, wütend zu sein. Menschlich zu sein. Kein ungesundes, gutes Mädchen. Sondern eine wilde, fröhliche, unangenehme, kreative, starke, schwache, wütende Frau.